ACHTUNG BITTE! KRITIKERALARM! Das musst Du lesen. Hier macht sich eine Kritikerin selbst überflüssig.

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"Mai war für mich schon immer der schönste Monat des Jahres - und auch der traurigste. Unbewusst bin ich im Mai immer auf der Suche nach dem Glück gewesen, denn der Mai verspricht so viel davon. Er verspricht überhaupt so viele Wunder - mit seinem blassen, hellen Licht, das einem zart in die Glieder fährt und geheime Wunschkammern öffnet. Wenn der Frühling beginnt, nach Apfelshampoo aus der Kindheit zu duften, fange ich jedes Mal an, mich darüber aufzuregen, dass Glück kein Normalzustand sein kann. Als Kind habe ich deshalb schon manchmal auf die bösen Wolken am Himmel gezielt, aber sie kamen immer wieder, immer dichter. Weil der Mai so ein Schicksalsmonat für mich ist, habe ich dieses Jahr ein kleines Experiment gestartet. Ich versuchte, rund um die Uhr glücklich zu sein und mich für nichts als Glück, das pure Glück, einzusetzen. Versucht es mal - es ist schwieriger, als ihr denkt.[...]"

"Spätestens bei der blitzenden Bridge fing man an, mal auf den Text zu achten[...] [...]Und als man das Lied zu Ende gehört hatte, mit all seinen Aufzählungen kaputter Produkte, fing man an, sich ernsthaft zu überlegen, ob es vielleicht gar nicht nur die einzelnen Produkte sind, sondern das gesamte Produkt-System, das kaputt ist.[...]"

(Mein Lieblingssatz!)
Shoppingsüchtige of the world, unite and take over.

(Mein LieblingsABsatz!)
Also: Warum müssen schon wieder female Role-Models gegeneinander ausgespielt werden? Kann die Strähnchen-Schrillness von Mieze nicht auf ihre Weise gut sein und Judith Holofernes' natürliche Wunderhübschheit auf eine andere? Ich empfinde es als Fortschritt, dass dieses Neo-NDW-Fach so viel Raum für expressive Frauen geschaffen hat. Innerhalb des Rockmusik- oder HipHop-Faches scheint dafür jedenfalls weniger Platz zu sein. Auch wenn Wir Sind Helden mühelos unter zeitlos gutem Songwriter-Rock einzusortieren wären. Aber die Rock-Crowd will halt unter sich sein. Man sieht daran, wie scheinprogressiv die Girl-Power der 90er-Jahre war - wenn nur noch die 80er davon übrig geblieben sind.

HIER DER HAMMER!
Außerdem finde ich es blöd, die Frage, was besser ist, schon wieder am Aussehen festzumachen. Aussehen ist schließlich Geschmackssache. Habituell. Das müssten eigentlich auch Gymnasiasten wissen. Aber wahrscheinlich wissen sie es nur zu gut und sind eingeschüchtert, seit sie festgestellt haben, dass die obere Mittelschicht doch nicht in allen Fragen und Teilen die Welt regiert.

Ebenfalls schön...
Ein Songwriter muss die Rockmusik nicht neu erfinden. Ein Songwriter erfindet seine eigenen Gesten, seine eigenen Worte, jeder kleine Tonfall-Wechsel ist eine wichtige ästhetische Aussage. Ein Songwriter muss es mit der Wut nicht übertreiben.

Abschließend betrachtet: Vielleicht ist das NDW-Revival jetzt bei seinen Roots angelangt. "Die Reklamation" ist "Monarchie Und Alltag" für die Mediengeneration. Judith Holofernes: "Man muss die Sachen, die Leute in den 70ern gemacht haben, unbedingt noch mal machen. Schon allein, um sein eigenes Herz zu retten." Ich wäre ja eher für die 60er, aber nun gut. Vielleicht liegt das Glück tatsächlich in den 70ern begraben.

Autor: Kerstin Grether

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